Umfassende Würdigung für Dr. Jochen Fritzweiler

Unser Gründungsmitglied Dr. Jochen Fritzweiler, jahrzehntelanger Schriftleiter der Zeitschrift für Sport und Recht (SpuRt) und Mitherausgeber des Standardwerks zum Sportecht, dem Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, ist Mitte Juli 2023 bei einem tragischen Bergunfall ums Leben gekommen.

Im am 07.09.2023 erscheinenden Heft 5/2023 der SpuRt werden Persönlichkeit und Wirken von Jochen Fritzweiler umfassend gewürdigt. Zu Jochens Ehren und Gedenken veröffentlichen wir diese Texte vorab, um allen Sportrechtlerinnen und Sportrechtlern das Andenken an ihn zu erleichtern und auch virtuell dauerhaft an den außergewöhnlichen Sportrechtler zu erinnern.


Adieu Jochen!

Für viele Sportrechtlerinnen und Sportrechtler in Deutschland war Dr. Jochen Fritzweiler der erste persönliche Kontakt zu den bekannten Vertretern des Rechtsgebiets. Nachdem man die ersten Aufsätze und Entscheidungen in der SpuRt studiert hatte und der Wunsch gewachsen war, sich selbst mit einem Beitrag in die Materie einzubringen, stand ein Telefonat mit dem Schriftleiter der Zeitschrift an – ein Amt, das er über zwei Jahrzehnte innehatte. Dieser Kontakt konnte manchmal fordernd sein, so wie er es auch mit sich selbst war. Seine beruflichen und sportlichen Leistungen waren beeindruckend. So war es nicht verwunderlich, dass er gegenüber dem sportjuristischen Nachwuchs mit Nachdruck für ihre Beiträge das einforderte, was er für selbstverständlich hielt: die exakte Einhaltung der Zeichenvorgabe und – natürlich! – eine pünktliche Abgabe. Jochen war „von der alten Schule“. Bei aller Aufgeschlossenheit für Neues blieb er skeptisch gegenüber Trends, die vielleicht dem Zeitgeist geschuldet waren. Unvergessen sind für meinen Mann und mich seine – im Übrigen natürlich formvollendeten – Hochzeitsglückwünsche: Dass heutzutage „auch zwei Freunde heiraten können“, war ihm neu. Aber er beglückwünschte uns und freute sich mit uns über unser Glück. So war er: direkt und liebevoll zugleich.

Damit ist ein Punkt angesprochen, den auch die jungen Sportjuristen nach Telefonaten mit ihm einordnen lernen mussten: Hinter seiner etwas schnoddrigen urbayerischen Art, die sich mit dem österreichischen Einfluss durch seine Frau Mama auch sprachlich zu einer einzigartigen Kombination – seinem Markenzeichen – entwickelte, steckte eine große Herzlichkeit. Jochen war ein Menschenfreund. Freundschaft, Kameradschaft, Team: Das waren für Jochen keine Phrasen und Schlagworte, sondern ernst gemeinte Lebensinhalte. Sein Interesse an anderen Menschen war groß. Wer ihm gefiel, durfte sich über regelmäßigen Kontakt freuen. Aber er hatte auch Einzelkämpferqualitäten: So gerne er als Lehrer anderen das Skifahren beibrachte, so gerne war er auch allein in den Bergen unterwegs. Letzteres sollte ihm nun zum Verhängnis werden.

Im Juli ist Jochen Fritzweiler im Alter von 82 Jahren viel zu früh von uns gegangen. Sein Tod reißt nicht nur fachlich eine tiefe Lücke in die Gemeinschaft der deutschen und internationalen Sportrechtlerinnen und Sportrechtler, sondern berührt auch die Herzen: Jochen war einzigartig mit seinen Ecken und Kanten, aber auf seine Weise auch einzigartig herzlich. Sein sportrechtliches Wirken beleuchtet Dr. Thomas Summerer gleich auf der nächsten Seite. Es macht mich sehr traurig, dass er seinen Plan, mir noch das Skifahren beizubringen, nicht mehr verwirklichen kann. Auch wenn ich befürchte, dass seine sportliche Erfolgskurve in diesem speziellen Fall – bedingt durch die Eigenheiten des Schülers – einen jähen Knick erlitten hätte, würde ich doch viel dafür geben, diesen Bergunterricht mit ihm noch einmal erleben zu dürfen.

Wir werden Dich sehr vermissen. Ruhe in Frieden, lieber Jochen!

Prof. Dr. Jan F. Orth LL.M. (UT), Köln

(Erscheint als Editorial des SpuRt-Heftes 5/2023, SpuRt 2023, 344)


In memoriam Jochen Fritzweiler

Jochen Fritzweiler ist Mitte Juli 2023 bei einer Bergwanderung in den Chiemgauer Alpen tödlich verunglückt, nur wenige Wochen vor Vollendung seines 83. Lebensjahres. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.

Fritzweiler war einer der Gründungsväter des Sportrechts. Vor mir liegt seine Dissertation aus dem Jahr 1978 über das Thema „Haftung bei Sportunfällen“, systematisch untergliedert in „Haftung des Sportlers“, „Haftung von Sportveranstaltern, Sportlehrern, Schulen, Lift- und Bergbahnunternehmern“ und „Beweisführung im Sportunfallprozess“. Das war bereits vier Jahre vor Gründung des Konstanzer Arbeitskreises, der vergangenes Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feierte, bei dem Fritzweiler natürlich in der ersten Reihe saß. Den „Grüneberg“, der seinerzeit freilich nicht einmal so hieß, gab es damals übrigens erst in der 37. Auflage.

Während einiger Jahre als Stadtrat für die CSU baute er in seiner Heimatstadt Burghausen eine angesehene Anwaltspraxis mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Sportrecht auf und betrieb diese bis vor wenigen Jahren mit großem Erfolg.

Schon in frühen Jahren erkannte Fritzweiler das Entwicklungspotenzial des Sportrechts: So setzte er 1994 die entscheidenden Impulse für eine eigene Fachzeitschrift, die SpuRt, im Verlag C.H. Beck, die schon nach wenigen Jahren eine breite Stammleserschaft nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz fand, jetzt im 30. Jahrgang. 23 Jahre lang war Fritzweiler deren Schriftleiter, bevor er den Stab an Jan Orth übergab.
Gleichzeitig forcierte Fritzweiler zusammen mit dem Verfasser dieses Nachrufs bei demselben Verlag ein Buchprojekt, für das die beiden Bernhard Pfister, der den ersten Lehrstuhl für Sportrecht an der Universität Bayreuth innehatte, als Mitherausgeber und Autor gewinnen konnten; es erschien in erster Auflage 1998 als „Praxishandbuch Sportrecht“; bis heute folgten drei weitere Auflagen, die den Anspruch erheben, das Sportrecht systematisch in seiner Gesamtheit abzubilden. Dort kommentierte Fritzweiler mit bewundernswerter Detailkenntnis die Schnittstellen des Sports zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie zum Arbeits- und zum Haftungsrecht.

Um auch die Internationalisierung des Sportrechts voranzubringen, gründete Fritzweiler 2003 die International Sport Lawyers Association ISLA, aus der ein grenzüberschreitendes Netzwerk von Sportanwälten entstand, und fungierte bis 2020 als deren Präsident, bevor ihm Anne Jakob nachfolgte. Gerade auch der Austausch mit den österreichischen Kolleginnen und Kollegen lag ihm am Herzen.

Auch im Ruhestand gönnte sich Fritzweiler nur wenig Ruhe. Als Schiedsrichter wirkte er am Deutschen Sportschiedsgericht der DIS. Im Ständigen Schiedsgericht des Deutschen Motorsport-Bundes, in dem er den Vorsitz innehatte, haben wir zusammen einige brisante Fälle entschieden. Vom Internationalen Rodelverband wurde er noch vor einem Jahr zum Ethik-Beauftragten ernannt.

Bis zuletzt erfreute sich Fritzweiler bester Gesundheit und einer erstaunlichen Kondition, die er auf dem Tennis- und Golfplatz und als staatlich geprüfter Skilehrer auf der Skipiste unter Beweis stellte. Daneben verfügte er über eine urbayerische Mischung aus Selbstbewusstsein, Standfestigkeit, Geselligkeit und Humor. Noch vor Kurzem sagte er mir, Alter spiele keine Rolle, seine Mutter sei ja 100 Jahre alt geworden. Dies zu erreichen, war ihm leider nicht mehr vergönnt.

Jochen Fritzweiler war eine einzigartige Persönlichkeit. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Dr. Thomas Summerer, München,
im Namen der Mitherausgeber der SpuRt,
im Namen des Vorstands und Beirats der Deutschen Vereinigung für Sportrecht e.V. und
im Namen der Arbeitsgemeinschaft Sportrecht im DAV

(Erscheint als Nachruf im SpuRt-Heft 5/2023, SpuRt 2023, 345)